TUHH Spektrum Oktober 2016 | Page 46

46 Till Rummenhohl: Humanität ist unser wichtigstes Gut. Wir müssen als Staatengemeinschaft anfangen, uns der Situation bewusst zu werden und realistisch und gemeinschaftlich eine schnelle und effiziente Lösung finden, diesen Menschen langfristig zu helfen. Jeder einzelne Bürger muss anfangen, sich über die Schicksale der Menschen, die auf lebensgefährlichsten Wegen zu uns kommen, zu informieren. Wir müssen Flüchtlingen zuhören und wissbegierig sein, die Wahrheit zu erfahren. Wir müssen – müssen wir? Abschotten keine langfristige Lösung in der Flüchtlingsfrage sein können. Vielmehr muss es das Ziel sein, alternative Lösungen zu finden. Diese sollten den Ansatz der Hilfe zur Selbsthilfe beinhalten. Eine bloße Hilfeleistung von außerhalb schafft nur Abhängigkeiten und kann allenfalls eine Übergangslösung sein. Till Rummenhohl: Es geht darum, wie viel den Europäern Humanität Wert ist. Wollen wir helfen, um so viele Menschen wie möglich zu retten oder zusehen, wie sie sterben oder in europäischen Lagern dahin vegetieren? Diese Menschen machen sich nicht auf den Weg, um unsere Kultur zu zerstören. Sie lassen nicht all ihr Leben, ihre Familien zurück, um uns Europäern die Arbeitplätze, das Geld und die Wohnungen wegzunehmen. Nein! Sie kommen zu uns, weil sie keinen anderen Ausweg mehr sehen. Sie begeben sich in Lebensgefahr, weil sie nicht mehr ausgebeutet, geschlagen, vergewaltigt, verkauft und abgeschlachtet werden wollen. Sie stehen in ihrem Leben an einem Punkt, an dem sie entscheiden müssen: bleiben und sterben, oder gehen und mit größtem Glück überleben. Welches Souvenir wird sie zu Hause an diese Zeit erinnern? Das EU-Hauptquartier liegt im Nordwesten von London. Von hier aus haben Jan Drumm und seine Kollegen die Einsätze vorbereitet. Vom Rhein an die Elbe: Schiffbaustudent Jan Drumm aus Andernach hat zuerst eine Ausbildung zum Offizier absolviert, bevor er zum Masterstudium an die TU Hamburg kam. Gibt es Pläne für die nahe Zukunft? Jan Drumm: Zuerst einmal steht das Masterstudium wieder im Vordergrund. Auf jeden Fall will ich wieder für eine gute Sache mit Menschen arbeiten, am liebsten in der Entwicklungshilfe, mich weiter fortbilden und zum Ende des Studiums noch einmal einige Zeit im Ausland verbringen. Till Rummenhohl: : : Ich möchte mit Vorträgen repräsentaJan Drumm: Eine Landkarte mit den Signaturen aller Kollegen und Kolleginnen aus 35 Nationen. Till Rummenhohl: Ein Team-T-Shirt von „SOS Méditerranée“ – viele Freundschaften und eine Fülle wertvoller Erfahrungen. tiv für „SOS Med“ meine Geschichte und die der Menschen auf dieser Todesroute erzählen und werde in dieser Nichtregierungsorganisation an Land weiterhin ehrenamtlich arbeiten. Humanität lebt davon, dass wir in unserem alltäglichen Leben Menschlichkeit zeigen, in dem wir uns zum Beispiel ehrenamtlich für Flüchtlinge engagieren und oder mit Geld- und Sachspenden dazu beitragen, die Not anderer zu lindern. Wenn es das Studium erlaubt, werde ich irgendwann auch wieder an Bord der „Aquarius“ gehen. Die Fragen stellte Jutta Katharina Werner Fotos: European Union Naval Force Operation Atalanta, e Jan Drumm: Wir müssen begreifen, dass Wegschauen un